Es war ein besonderer Tag, den sich NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer für ihren Besuch auf der Loburg ausgesucht hatte. Am frühen Nachmittag hatte die FDP-Politikerin in Düsseldorf die Rückkehr zum Abitur nach neun Gymnasialjahren erklärt, am Abend stand sie Rede und Antwort beim Loburger Schlossgespräch. Im vollbesetzten Saal – darunter viele Schulleiter aus der Region – sprach sie mit Moderator Dr. William Middendorf, Leiter der Hauptabteilung "Schule und Erziehung" im Bistum Münster, über Lernen im digitalen Wandel, Talentschulen – und natürlich den Ausstieg aus dem "Turbo"-Abitur.
"Mit der Entscheidung möchten wir bewirken, dass sich die Gymnasien wieder auf ihr Kerngeschäft, den Unterricht, konzentrieren können", erklärte die Ministerin. Noch müssten schulrechtliche Fragen geklärt werden, das Gesetz solle aber noch vor den kommenden Sommerferien verabschiedet werden. Als Startpunkt für die Umstellung an öffentlichen Gymnasien sei das Schuljahr 2019/2020 gewählt worden. Wie teuer der Umstieg wird, konnte Gebauer noch nicht beziffern, sie machte aber die Zusage: "Wir lassen die Kommunen nicht im Regen stehen."
Mit NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer sprach Dr. William Middendorf über die Schulpolitik der neuen Landesregierung
Als "große Herausforderung" bezeichnete die Ministerin die Digitalisierung der Schulen. "Die Nachfrage und der Informationsbedarf sind immens", erklärte sie. Die Digitalisierung werde die Art des Arbeitens und der Kommunikation grundlegend verändern, Schulen bräuchten dringend entsprechende Medienkonzepte. "Im Moment sind viele Lehrer eher Schüler ihrer Schüler", verdeutlichte sie. Für die nötige Finanzierung gebe es "viel Geld im System", das jedoch "vernünftig und koordiniert" eingesetzt werden müsse.
"Qualität vor Schnelligkeit", davon lässt sich die FPD-Politikerin beim Thema Inklusion leiten. "Die Quote sagt nichts über die Qualität aus", kritisierte sie das Vorgehen der vorherigen Landesregierung. Das Förderschulsterben zu stoppen, habe höchste Priorität. Zum Start des aktuellen Schuljahres habe beispielsweise eine Förderschule in Münster in Betrieb bleiben können, berichtete Gebauer. "Wir möchten den Weg der schulischen Inklusion begleiten, weil Inklusion ein Menschenrecht ist" betonte sie. Wichtig sei jedoch, ein flächendeckendes Förderschulangebot für bestimmte Kinder und für Eltern, die diesen Ort für ihr Kind wünschen, anzubieten. Als erste Maßnahme sollen verstärkt Schwerpunktschulen – meistens Gesamtschulen –eingesetzt werden, die sich auf bestimmte Förderschwerpunkte konzentrieren.
Die Chancengerechtigkeit in der Schulbildung war ebenfalls Thema des Abends. Mit landesweit 30 sogenannten Talentschulen in benachteiligten Stadtteilen möchte die Landesregierung das soziale Umfeld stärken. Modernste Pädagogik und beste Ausstattung solle dort eingesetzt werden, wo sie dringend benötigt wird: in Stadtteilen mit großen sozialen Herausforderungen, erklärte Gebauer. "Wenn wir es nicht schaffen, dass auch Schüler aus anderen Stadtteilen diese Schulen besuchen, bricht uns der gesamte Stadtteil weg."
Für die Ministerin steht bei allem eine Devise im Vordergrund: "Wir müssen Ruhe ins System bringen." Nur so könne das erreicht werden, was alle wollen: beste Bildung für die Schülerinnen und Schüler.
Text: Bischöfliche Pressestelle / 15.11.2017