Station 12 - Der Kompass der Tiere

 

Kompass1

 

Wie finden die Zugvögel im Winter den Weg nach Afrika? Wie findet die Schildkröte viele Jahre nach dem Schlüpfen erstmals wieder zur Eiablage an den gleichen Strand zurück? Wir Menschen bewundern die Fähigkeit von Tieren, das Magnetfeld der Erde wahrzunehmen und für die Ortsbestimmung zu nutzen.

 

Kompass3

 

Am besten erforscht ist der „Kompass“ bei Zugvögeln. Der Magnetsinn konnte inzwischen bei ungefähr 50 Arten nachgewiesen werden, z.B. bei Bakterien, Ameisen, Bienen, Krebstieren, Amphibien, Reptilien, Lachsen, Rotkehlchen, Waldmäusen, Goldhamstern, Hühner-Küken und Pferden. Magnetfelder beeinflussen bei einigen Tieren das Grabe-Verhalten. Schildkröten haben das Magnetfeld am Geburtsort durch Prägung „im Gedächtnis“. Rinder und Hirsche stellen ihren Körper normalerweise in Nord-Süd-Ausrichtung auf. Nur unter oder nahe von Hochspannungsleitungen gerät das einheitliche Muster durcheinander.

 

Magnetsinn im Auge, im Schnabel oder durch Eisenoxid-Kristalle

Vögel registrieren den Neigungswinkel der Magnetfeldlinien im Verhältnis zur Erdoberfläche. Am Pol weisen die Magnetfeldlinien senkrecht nach oben, am Äquator verlaufen sie parallel zur Erde.

 

Kompass2

 

Der Magnetsinn liegt bei einigen Vogelarten in der Netzhaut des Auges, bei anderen im Schnabel.

Trifft das Sonnenlicht in das Auge, kann sich dort ein Molekül durch die Energie chemisch verändern. Es ist jedoch so instabil, dass es sofort wieder zerfällt. Aber wie? Die Menge der beiden chemischen Endprodukte ist vom Neigungswinkels des Tieres zum Erdmagnetfeld abhängig, also davon, ob die Magnetfeldlinien eher senkrecht oder relativ flach auf das Molekül treffen.

Bei Tauben, Insekten, Meeresschildkröten und Forellen fand man dagegen Eisenoxidkristalle (Fe3O4), Magnetit genannt. Über feine Fasern sind die Kristalle ggf. mit der Membran von Nervenzellen verbunden. Wenn sich Eisenoxid dann durch das Magnetfeld nach Norden ausrichtet, „zieht“ es leicht an einer Nervenzelle, die wiederum ein Signal an das Gehirn weiterleitet. Bewegen sich die Tiere also in die falsche Richtung, erhalten sie von den Nervenzellen die nicht gewünschten Signale. Das Tier korrigiert seinen Kurs. Ggf. öffnen unterschiedliche Erdmagnetfelder die Membranen von Zellwänden auch unterschiedlich weit, so dass die Magnetitkristall-Teilchen einmal mehr, einmal weniger in die Zellen hinein- und/oder herausfließen.

 

Der magnetische Nordpol wandert schnell – auch durch den Klimawandel

Das Erdmagnetfeld befindet sich seit Urzeiten in ständiger Bewegung. Erzeugt wird das Magnetfeld im äußeren Erdkern durch die Bewegung eisenreichen Magmas. Kompassdaten werden bei der Schifffahrt, im Flugverkehr, bei Navigationssystemen und sogar für Smartphones benötigt. Um Unfälle zu vermeiden, mussten die Daten über das Magnetfeld bisher alle 5 Jahre aktualisiert werden, mittlerweile sogar schneller.

Bis 2005 wanderte der magnetische Nordpol in der Region des 70. Breitengrads und 95. Längengrads West alljährlich wenige Kilometer und befand sich im Nordosten Kanadas. Dann begann der Pol abrupt nach Norden zu wandern. Er bewegt sich heute ca. 50 km pro Jahr und befindet sich zur Zeit in der Nähe des geographischen Nordpols. Ein Grund für den Richtungswechsel und das überraschende Tempo könnte die Umverteilung der Massen an der Erdoberfläche durch das Schmelzen des Eises in den Arktisregionen sowie der Anstieg des Meeresspiegels sein.

Einige wenige Wissenschaftler spekulieren, ob ein „Polsprung" bevorsteht – also darauf, dass der magnetische Nord- und Südpol die Position wechseln. Dies bleibt jedoch unwahrscheinlich: Der magnetische Südpol steht relativ still. Der letzte Polsprung war außerdem vor 780.000 Jahren. Gott sei Dank!